Eine klare Sache – eine klare Sache?

Das Bezirksgericht Hinwil wird mit der Bubiker Juristin Andrea Vontobel ein hervorragend qualifiziertes neues vollamtliches Mitglied erhalten. Das steht ausser Frage. Ausser Frage steht nach dem Showdown zwischen Bürgerblock einerseits und dem Mitte-Links-Lager allerdings auch, dass die im Bezirk Hinwil auffällige, nicht proportionale Verteilung der Bezirksämter erneut festgemeisselt wurde.

 

Während es in den allermeisten anderen Zürcher Bezirken eine Selbstverständlichkeit ist, dass der so genannte freiwllige Parteienproporz bei nichtpolitischen Ämtern wie Bezirksgericht und Staatsanwaltschaft geachtet wird, besteht im Bezirk Hinwil ein krasses Ungleichgewicht. Die bürgerlichen Parteien und allen voran die heute siegreiche FDP besetzen viel mehr Stellen, als ihnen vom Proporzanspruch her zusteht. Aber: Der Wähler und die Wähler wollen das anscheinend so.

 

Wollen die Wählerin und der Wähler das wirklich so? Der freiwillige Proporz, also die möglichst stille Besetzung von Richter- und Staatsanwaltschaftsstellen nach Wählerstärke der portierenden Parteien, wird andernorts gelebt, weil man einhellig der Überzeugung ist, dass die Bewerber für solche Ämter keinen politischen Wahlkampf führen sollten. Ein politischer Wahlkampf wie zwischen Andrea Vontobel und Hannes Dubach, beide noch nicht im Amt, mag ja noch angehen. Aber ein Wahlkampf um Richterposten mit Bisherigen? Wollen wir Richter und Staatsanwälte, die bei ihren Entscheidungen auf die Wählergunst schielen, sich Monate vor der Wiederwahl publikumswirksam in Szene setzen? Wollen wir einer verpolitisierten Justiz Vorschub leisten? Und noch etwas: Richter und Staatsanwälte sind Berufsleute. Eine allfällige Abwahl beendet Karrieren, mit allen sozialen Folgen.

 

Bereits im Februar steht im Bezirk Hinwil die nächte Richterwahl an. Es geht um dier Gesamterneuerung des Bezirksgerichts. Demnächst werden die Präsidien der Hinwiler Bezirksparteien wiederum zusammenkommen, um die Wahl zu beraten. Man darf gespannt sein, welche Auswirkungen der heutige Urnengang auf diese Gespräche haben wird. Eine Zauberformel in den nichtpolitischen Bezirksämtern, so sehr sie auch im Bezirk Hinwil aus Gründen der Vernunft zu wünschen wäre, scheint in weitere Ferne gerückt.

 

Thomas Illi, Chefredaktor "buebikernews"

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Peter Hauzenberger, Bubikon (Montag, 23 September 2013 00:51)

    Ich gehöre keiner politischen Partei an und staune deshalb ob des ziemlich seltsamen Verständnisses von Rechtssprechung im obigen Kommentar. Wollen wir wirklich, dass Parteiobere im 'stillen' Kämmerlein darüber entscheiden, wer über uns richten soll und zwar nach Parteienproporz und nicht nach Qualifikation? Wollen wir wirklich, dass Richter nach Parteizugehörigkeit richten? Für einen Parteiunabhängigen eine absolut absurde Idee! Gottseidank können die Wähler im Bezirk Hinwil selbständig und unabhängig denken und nicht wie "die allermeisten in den anderen Zürcher Bezirken". Die Wahl vom 22.9. hat eindeutig gezeigt, dass die Wähler dem Kandidaten mit dem besseren und breiteren Rüstzeug den Vorrang geben und nicht dem Kandidaten mit den intensiveren politischen Aktivitäten. Richterwahlen nach so genanntem Parteienproporz sind lediglich für den Unterlegenen eine valable Alternative. Und grundsätzlich: Warum müssen eigentlich Richter von einer Partei nominiert werden? Eine bessere Alternative wäre ohnehin ein Bewerbungsverfahren mit Assessment und der Auswahl des am besten qualifizierten Kandidaten durch ein unabhängiges Selektionsgremium, wie in der Privatwirtschaft üblich. Dann würden auch nicht politische Abwahlen über Karrieren entscheiden.